Samstag, 21. April 2012

Goldener Brief 69

69. Mag er auch begabt sein, gute Einfälle haben und durch seinen Verstand hervorragen: all das kann Werkzeug sowohl für die Laster als auch für die Tugenden sein. Er möge sich also nicht scheuen belehrt zu werden, wie er dasselbe zum Guten wie zum Schlechten benützen kann. Denn das ist das eigentümliche Werk der Tugend. Die Begabung soll den Körper anpassen, die Kunstfertigkeit soll die Natur formen, der Verstand soll den Geist nicht stolz, sondern gelehrig machen. Denn Talent, künstlerische Begabung, Verstand und anderes dergleichen werden uns als Geschenk zuteil. Nicht so die Tugend. Sie will in Demut gelehrt, mit Mühe gesucht und durch Liebe besessen werden. Da sie all dieser Anstrengungen würdig ist, kann sie anders nicht gelehrt, gesucht oder besessen werden. 

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