Montag, 7. November 2011

Kardinal Meisner über die Kartäuser, 6

6. Die Kartäuser stellen keine harmlose, gemütliche Form der Nachfolge Christi in unserer Welt dar. Ganz im Gegenteil! Der Antichrist, die Gottesfeinde spüren, dass die Kartäuser der radikalste Widerspruch zur Selbstvergötzung des Menschen ist. Darum waren sie besonders in den Verfolgungen, die mit der so genannten Aufklärungszeit ihren Anfang nahm, immer die ersten Opfer. Die meisten Klöster der Ordensfamilien wurden in der Säkularisation enteignet und weltlichen Zwecken zugeführt. Ihre Bewohner wurden mit einer kargen Rente abgespeist. Kartäuser konnten nicht für ein säkulares Seniorendasein gekauft werden, um ihrer Kartausen habhaft zu werden. Sie wurden schlicht getötet, erschlagen oder ermordet. 

Über die Pforte eines jeden Kartäuserklosters schrieb der hl. Bruno immer die Worte „Stat crux, dum volvitur orbis“ – „Das Kreuz steht, während die Welt sich dreht“. Diese Ordensfamilie zeigt, dass Christi Kreuz der Kirche eingestiftet ist, sodass sie von daher ihre Stabilität, ihren Tiefgang und ihre Kraft zur Erneuerung findet. Der Orden, der nie der Reform bedurfte, kann uns aber sehr deutlich zeigen und sagen, wie das „Ecclesia semper reformanda“, die permanente nötige Reform der Kirche, zu verwirklichen ist, indem der einzelne Christ sich von der Liebe Gottes erfüllen, bewegen und inspirieren lässt. Die Liebe zu Gott ist das Größte der Gebote, sagt der Herr, ein zweites ist ihm gleich, nämlich die Liebe zu den Menschen. Aber ohne das Erste wird das Zweite unwirksam. Wer wie Bruno von Köln im Hinblick auf Gott in anbetender Ehrfurcht sagt: „O bonitas“, wird den Menschen die nötige Bonität nicht schuldig bleiben.

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